Stephan ProbstStephan Probst ist an der Gerechtigkeitsgasse 31 in Bern am 19. April 1957 im Zeichen vom Widder geboren. Jetzt wohnt er nicht weit davon entfernt an der Gerechtigkeitsgasse 42, sein Büro hat er in seinem Geburtshaus eingerichtet. Stephan Probst ist eidg. diplomierter Bauleiter: «Ursprünglich bin ich Hochbauzeichner und führe heute einen Einmannbetrieb mit zwei Frauen, eine ist unser Sekretärin und die andere ist Hochbauzeichnerin.“
Stephan kennt man in Bern und in der Altstadt, ist er doch seit 8 Jahren Leistpräsident der unteren Altstadt im Co-Präsidium mit Marianne Reichen. Die untere Altstadt umfasst die Postgasse, Gerechtigkeitsgasse, Junkerngasse, Kreuzgasse, Nydegg-Gasse, Nydeggstalden und Läuferplatz. Dies ist das sogenannt weisse Quartier – und die Matte gleich nebenan gehört ins schwarze Quartier.»
«Das wir schwarz sind das habe ich schon gewusst», sage ich lachend.
«Nein, das kommt doch noch aus Napoleonszeiten, damit seine Gefolgschaft den Weg nach Hause fand», klärt er mich auf.
«Ach weisst du, auch ich bin «Ausländerin» und nicht von Bern», scherze ich.
Stephan Probst ist durch und durch Berner und so fühlt er sich in der Berner Altstadt Bern wohl und auch zu Hause. Auch die Matte ist für ihn ein Stück Heimat geworden, obwohl er nicht dort lebt. «Bis zur vierten Klasse bin ich hier unten zur Schule gegangen. Ich mag mich auch daran erinnern, als ich eines Tages mit dem Schiff zur Schule musste, weil es in der Matte Hochwasser hatte. Also du siehst auch beim Hochwasser kann ich mitreden», lacht er.
Stephan Probst bezeichnet sich als harmonischen Menschen, obwohl andere über ihn sagen, dass er manchmal ein «ekliger Siech» sei. «Ich reisse immer wieder etwas an und bin ein aktiver Mensch und geschäftige Menschen stehen natürlich oft im Scheinwerfer der Gesellschaft.» Überhaupt ist Stephan jemand, der das Licht nicht scheut. So hat er sich als Präsident des unteren Altstadt-Leistes sehr dafür eingesetzt, dass der Beleuchtung in den dunklen Gassen mehr Aufmerksamkeit beigemessen wird. «Deshalb bin ich wohl oft unbequem, weil ich etwas erreichen will. Ich bin aber froh, dass ich beim Thema Beleuchtung in der Altstadt nie nachgegeben habe. Auch die Matte wird von einer besseren Beleuchtung profitieren. Die Zusammenarbeit mit Jean-Daniel Gross, dem Chef der Denkmalpflege, entpuppte sich als Glücksfall. Die Beleuchtung wurde zur Chefsache erklärt», sagt er mit Nachdruck. «So werden in Zukunft die dunklen Ecken besser beleuchtet. Nach den Überfällen an der Münstergasse und in der Postgasse wurde es zwingend notwendig, dass man mehr Licht ins Dunkel bringen musste. Da hatte es für einmal wenig Sinn, wegen «denkmalpflegerischen Überlegungen» die Beleuchtung nicht Angriff zu nehmen. Es ging nicht darum ein Vergnügungsviertel zu schaffen, sondern der Sicherheit Platz zu geben. Mehr Licht bedeutet auch weniger Drogenkriminalität, die Leute sollen sich in der Altstadt wieder sicher bewegen können», sagt er dezidiert.
Stephan Probst ist also ein aktiver Mensch und die Altstadt liegt ihm sehr am Herzen. Auch bei der Sanierung der Kram- und Gerechtigkeitsgasse arbeitete er eng mit den Behörden zusammen und hat dabei gute Erfahrungen gemacht. «Meine Aufgabe als Leistpräsident bei der Sanierung war vor allem, mit den Anwohnern und Geschäftsinhabern im Gespräch zu bleiben. Viele hatten am Anfang den Eindruck, dass dies nicht gut kommen würde und viele haben sich eher negativ geäussert. Nach dem Umbau sind die Leute aber sehr glücklich und auch zufrieden. Der Aufwand hat sich für viele tatsächlich gelohnt. Erfolgreich haben wir uns auch gegen Nachtlärm und ein Striptease-Lokal gewehrt. Gegen eine gute Bar habe ich nie etwas, aber gegen die Folgen, die es mit sich zieht. Immerhin leben wir in einem Wohnquartier mit 8000 Einwohnern und so ist es unsere Aufgabe vom Leist, dies auch weiterhin zu bewahren.»
Die Liebe zur Altstadt und die Liebe zu Bern nimmt man Stephan Probst ab. «Weisst du, meine Grosseltern führten das Badhaus an der Aarstrasse, haben sie erzählt. Also du siehst, ich bin überall, auch in der Matte», wieder lacht er verschmitzt.
«Früher, wenn ich nicht gehorchte und aufmüpfig war, musste ich im Schulgarten jeweils jäten und habe dabei meist auch gleich die Setzlinge ausgerissen. Damals war Gartenarbeit eine Strafe und heute machte ich es freiwillig. Die Setzlinge reisse ich allerdings nicht mehr aus. Da siehst du wie sich die Zeiten ändern.»

«Was bedeutet für dich Familie?», will ich wissen.
«Sie bedeutet mir viel, denn ich liebe meine Familie, obwohl ich sonst alleine lebe. Ich habe zwei Töchter 29 und 25, die jüngere ist Motocrossfahrerin und eidg. dipl. Motorradmechanikern.» Stephan ist sichtlich stolz auf seine Töchter. «Die Älterer hat einen Sohn und letztes Jahr bin ich mit meinem Grosskind auf dem Gurten auf den Skiern gestanden. Das war ein Erlebnis. Der Kleine genoss es sehr und ich übrigens auch.» Grossvater sein erfüllt ihn mit stolz und er geniesst es mit seinem Grosskind zusammen zu sein.
«Was ist dir wichtig im Leben?»
«Ich liebe es, mit Menschen zusammenzuarbeiten und dies ist mir wichtig. Mir macht es Freude zu renovieren und umbauen. Es ist doch schön, einen Wohnraum zu verbessern. Ich bin jeweils froh, mit einer vorhandenen Bausubstanz zu arbeiten und ich bin glücklich, wenn ich etwas verschönern oder verändern kann, Lösungen und Ideen bringe.»
«Was würdest du als Erfolg bezeichnen in deiner Arbeit als Leistpräsident?»
«Meine Erfolge: Beleuchtung, Gassensanierung», sagt er kurz und bündig und ein Lächeln huscht über sein Gesicht. Es ist kein selbstgefälliges oder überhebliches, sondern ein zufriedenes und stolzes Lächeln.
«Für mich ist es schon wichtig dabei zu sein und auch mitzureden. Auch bei der Hochwassersanierung will ich mitreden und vorantreiben können. Es gibt noch einiges zu tun, und solange ich aktiv mitwirken kann und gebraucht werde, werde ich dabei sein», sagt er bestimmt.

«Was hast du in deinem Garten, unten an der Badgasse?», wechsle ich das Thema, um wieder in die Matte zu kommen.
«Ich habe jeweils Lauch und Sellerie, Tomaten, Fenchel, Kohlrabi, kleine Zuchettis, Gurken, Radisli und Kartoffeln in meinen fünf Beeten.»
«Und das isst du alles selber?»
«Ich bringe das Gemüse zu Kolleginnen, die wissen dann, dass ich ein gutes Essen liebe – vielleicht auch erwarte», grinst er.
Unsere Zeit ist bereits wieder zu Ende. Es ist ein durchzogener Herbsttag und genau in dem Augenblick, als ich das obligate Foto machen möchte, ziehen die Wolken für einen Augenblick davon und wir geniessen die Sonnenstrahlen. Stephan zeigt mir seine Gartenbeete.
«Wir müssen uns beeilen wegen den Fotos, sonst wird meine Brille in der Sonne dunkel», ermahnt er mich. Ja, ich mache schnell, denn nicht nur die Gläser der Brille von Stephan werden dunkel. Auch die Sonne macht sich bereits wieder davon.

Herzlichen Dank Stephan für das Gespräch - und Kohlrabi und Lauch mag ich ganz besonders gern …

Rosmarie Bernasconi