Keramikerin Danijela in ihrem Atelier

Danijela Werner ist seit über 30 Jahren Keramikerin aus Leidenschaft. Ihre Reise führt sie aus Kroatien über Wien ins Fischerstübli in die Berner Matte.
Das ist der grosse Moment. Danijela Werner reibt sich die Hände, trocknet sie ein letztes Mal an ihrem blauen Overall ab. Die Aufregung steht ihr förmlich ins sonst so strenge Gesicht geschrieben. Langsam klappt sie den Ofen auf - und strahlt. Ein Blick über die kleinen Tassen, Teelichter und Vasen: «Cool, cool, cool, cool. Es haben alle überlebt.» Danijela hat die Rohlinge einen Monat lang in ihrem Atelier am Langmauerweg geformt und ihren Ofen Stück für Stück damit befüllt. «Wenn man ihn dann öff- nen kann, ist das wie Weihnachten», sagt sie. Schon mit 9 Jahren fallen Danijela in einem Kohlehaufen kleine Erdbrocken auf, die anders sind. Sie nimmt die Tonstücke mit, befeuchtet sie und formt sie zu kleinen Vasen. Sie habe gespürt, was sie mit dem Material machen könne, erinnert sie sich heute. Mit 20 Jahren verlässt Danijela ihre kroatische Heimat und wandert nach Wien aus. Sie bewirbt sich auf einen Platz in den Wiener Werkstätten und dem Kulturhaus. Ein halbes Jahr lang gibt sie sich voll und ganz der Keramik hin, arbeitet sich durch alle Techniken, Materialien, Glasuren, die ihr in die Finger kommen. Daneben beginnt sie als Kellnerin in einem Restaurant mit einer Handvoll auswendig gelernter Sätze, lernt innert weniger Wochen fliessend Deutsch. Die Gastfreundschaft fasziniere sie auf ihre eigene Weise, so Danijela. Sie bleibt ihr treu, auch, als sie in die Schweiz zieht. Vor allem aber strebt sie nach einem eigenen Atelier; auch, als sie von Bern mit ihrer Familie ins Bündnerland zieht.
Die Keramik sei weit mehr als ein Hobby für sie, so Danijela Werner, und gleichzeitig viel bedeutsamer als jede Lohnarbeit. Am nächsten fühlt sie sich den Kunstschaffenden, an de- ren Seite sie als Studentin in Wien gekellnert hat: «Die haben auch alle getan, was sie konnten, um ihrer Berufung folgen zu können.» Das Schaffen mit Ton sei eine Art Meditation. Nur im Atelier komme sie wirklich zur Ruhe.
Den Geruch von feuchter Erde, das spärliche Sonnenlicht durch das Fenster an der Decke, das Surren der Drehscheibe, hin und wieder ein prüfender Blick in einen kleinen Spiegel: Wenn Werner mit Ton arbeitet, gibt es nicht viel mehr. Sanft streicht sie über die Fläche, benetzt den Ton, zieht ihn sanft in Form, den Blick immer auf die Scheibe gerichtet.
Seit jeher strebt Danijela nach dem, was über den Alltag und das Greifbare hinausgeht. Nach anfänglichem Studium in Kunstgeschichte und internationalen Beziehungen in Wien schreibt sie sich in Bern mit über 30 Jahren erneut an der Universität für Kunstgeschichte und Germanistik ein. Die Symbolik des Mittelalters und der Renaissance faszinieren Danijela: Wie Ge- schichten ohne Worte weitergegeben werden. In ihrer Freizeit widmet sich Danijela auch Heilpflanzen: «Wäre ich nicht Keramikerin, ich wäre Kräuterhexe geworden.» Mystisch, aber ohne explizit religiöse Ausrichtung.

Das Ritual ohne religiöse Vorgaben prägt Danijelas Keramik: Tassen, Ölgefässe, Halter für Ker- zen und Räucherstäbchen, Mondskuplturen in allen Grössen und Farben. Danijela Werner will die Achtsamkeit ins Zentrum ihres Schaffens stellen. Ein Teller, auf dem Lachs serviert wird, müsse anders aussehen als einer, auf dem Tar- tar serviert werde, so Danijela: «Das macht die Mahlzeit erst zu einem runden Erlebnis.»
Nach diesem Motto arbeitet Danijela auch für

das Fischerstübli an der Gerberngasse. Lea Steinmann, die das Restaurant seit fünf Jahren mit Sébastien Arnoux führt, gehört zu Danijelas ältesten Schweizer Freundinnen. Heute ist Danijela aus dem Stübli kaum wegzudenken – sie stellt Teelichter, Tischdekorationen und Geschirr her; nebenher arbeitet sie als Kellnerin im Restaurant.
Nicht umsonst bezeichnet Danijela ihre Rückkehr in die Matte und die untere Altstadt als eine Art Heimkehr. Nach zehn Jahren in den Bündner Bergen kommt sie zurück und findet wie durch eine Fügung ein Atelier gleich an der Grenze zur Matte, das pünktlich zu ihrem Umzug frei wird.
Die langen Tage zwischen Stübli und Atelier sind ihr mehr als recht. Sie erlauben ihr, dem nachzugehen, was sie seit ihrem neunten Lebensjahr fasziniert. Hier schafft sie, was sie schon immer geschaffen hat: «Das, worauf ich gerade Lust habe.» Gegenstände, die über ein blosses Stück Erde hinausgehen – die ohne Worte berühren.

Danijela Werner bietet in ihrem Atelier Töpferkurse und Workshops an. Ihr Atelier befindet sich am Langmauerweg 15 C, 3011 Bern
Infos auch auf www.danci.eu oder Instagram @danicceramics

Léonie Hagen (1999) ist freie Journalistin. Seit 2023 schreibt die gebürtige Oberwalliserin aus der – und gelegentlich über die – Berner Matte. wo sie lebt.

Mehr Bilder auf den Seiten 8 und 9 in der Papierausgabe oder in der PDFausgabe

Text und Bilder: Leonie Hagen