Lilian und Peter Jüni am Mattebach

«Ich wohne seit 86,5 Jahren hier in der Matte – bin also der älteste, resp. der am längsten hier wohnende Mät­teler. Geboren wurde ich an der Gerberngasse 12 im 1. Stock. Mit zweijährig bin ich aus dem Fenster gefallen, ausser einer Narbe an der Stirne ist alles noch intakt.»

Wie der Matte-Bach dazumal aussah?

«Es hatte viele Fische drin, aber kein so „Gschmäus“ wie neuerdings. Die Fische kamen vom Mattebach-Auslauf an der Gerberngasse 5. Sie sind den Bach hochgeschwom­men, zum Laichen bis hinauf zum Einlauf, zwischen den zwei Schulhäusern. Damals war aber das Loch noch viel grösser und auch die Sohle des Mattebach war höher, es hatte viel mehr Wasser im Bach. Für uns war der Bach unsere Badewanne. Wir haben viel gespielt am Bach, es hatte ja auch noch nicht so viel Verkehr auf der Strasse. Wir haben drin ge­badet, sind über den Bach gesprungen und ab und zu auch reingefallen. Auch Pa­pierschiffli haben wir schwim­men lassen. Wir haben die Fische gefangen und verkauft. Es hatte viele Fische im Bach und in der Aare – « die Aare war ein Aquarium.»

Der Mattebach war grösstenteils gedeckt und nicht so offengelegt wie heute. Ein Rechen befand sich unterhalb des Wöschhüsi und der andere oben auf der Seite beim Schulhaus.

Ein Erlebnis hatte ich, als ich mit dem Regenschirm im Bach rumstocherte und damit im Rechen hängengeblie­ben bin. Zum Glück kam Herr Thierstein, der Bäcker von vis-à-vis, und hat ihn wieder rausgeholt. Er hat auch regelmässig geholfen die Kinder, die in den Bach gefallen sind, wieder rauszuholen. Er hatte einen Sprachfehler, war aber sehr nett und sagte immer : «Chum Bueb, i wott der usehälfe!»

Als ich grösser war, habe ich ein Fischerpatent gelöst, das kostete dazumal noch Fr. 5.-, ausser in Schonzeiten (Fo­relle, vom 1. September bis 16. März und Äschen, vom 1. Januar bis 16. Mai) konnte damit im ganzen Kanton gefischt werden. Für mich ist die Aare tot, es hat fast kei­ne Fische mehr.

Ein spezielles Erlebnis kommt mir noch in den Sinn: einmal ist ein Polizeiauto mit einem „Tschugger“ in den Bach gefahren, der hatte wohl zu viel getrunken. Zu mei­ner (Jugend)zeit hatte es drei Polizeiposten in der Matte, einen am Läuferplatz wo heute der Zahnarzt ist, ein zwei­ter beim Ligu Lehm und der dritte Posten befand sich in der Badgasse.

Ja und die Matte-Chilbi gab es jedes Jahr. Immer um den 20. August herum fand sie statt und alle Vereine haben gratis mitgeholfen. Auf dem Mühleplatz hatte es eine Schifflischaukel, beim Schulhaus war das Karussell und vor dem Schulhaus war eine Bühne. Der Aareclub bei­ spielsweise organisierte Schiffs­fahrten vom Tych bis zum Frick­bad.»

Auch Pesche war ein Gondolie­re – gesungen hat er aber nicht.

«Seit 1980 gibt es diese regelmäs­sigen Matte-Chilbis nicht mehr und auch der Aareclub «isch nümme dr glich.» Aber den Was­serfahrverein, den Pontonierverein und den Aareclub, die gibt es noch. Der Pontonierverein ist ziemlich militärisch organisiert, sie haben auch keine eigenen Boote. Aber alle diese drei Ver­eine organisieren Wettfahren auf der Aare.

Die Matte war schon früher ein Dorf, es hatte 4 Bäckereien, 2 Metzgereien, ein Konsum, 3 Milch­lädeli und die Wäscherei Stettler. Letztere waren lange die einzigen mit einem Auto, den sie für das Ausliefern der Wäsche brauchten. Später kam noch ein Lädeli vis-à­vis vom Ramseierloch hinzu und ein Konsum beim Läu­ferplatz.

Der Matte-Leist war früher ein Verein von Handwerkern. Pesche war auch lange Zeit Mitglied vom Matte-Leist. Aber eben, die Matte ist nicht mehr die gleiche wie frü­her, jetzt hat es viel mehr Rambazamba! Das gefällt weder Pesche Jüni noch Renzo Hildebrandt, der in der Zwi­schenzeit zum Gespräch dazu gestossen ist. Auf meine Frage, wieso sie dann dennoch in der Matte wohnen, antwortet Pesche: «I wett nid vom Wasser furt – und nein, ich warte aber auch nicht auf’s Hochwasser!»

Apropos Hochwasserschutz sind sich die zwei Herren nicht einig, ob der Stollen die bessere Variante wäre oder das Ausbaggern der Aare.

Fischessen beim Wöschhüsi 2017

Als Traditionen in der Matte muss sicher auch das Fisch­essen erwähnt werden, das jedes Jahr Ende Juli stattfindet. Auch das Wöschhüsi ist ein wichtiger Fixpunkt in der Matte. Jeden ersten Dienstagnachmittag im Monat tref­fen sich die alten Mätteler dort zum Austausch und wer­ den von Marlise und Albert Strüby bewirtet. Die Dorf­beiz, das Mülirad gibt es noch, kämpft aber ziemlich ums Überleben.

Früher gab es an der Wasserwerkgasse 1 das “chez Jüni“, eine Fyrabe-Beiz, die Pesche führte. Seit dem Hochwas­ser von 2005 gibt es das “chez Jüni“ nicht mehr, Kühl­schrank und Kochherd sind beide dem Wasser zum Op­fer gefallen.

«Natürlich kann ich Mattenenglisch, aber es versteht mich ja keiner. Mit wem soll ich den reden?» Da kommt doch gleich Peter Amman vorbei und grüsst.

Ich bitte Pesche mir zum Abschluss etwas auf Matteneng­lisch zu sagen und er antwortet: «Ircime imische Ifre irfe die Imezinftke!» (Merci schöni Frau für die Zämekunft!)

Lilian ter Meer