Familie Elvira und Kinder (Bild Nicole Stadelmann)

Erst kürzlich sind sie vom Nydeggstalden an die Schifflaube gezogen. Jetzt erwarten uns Elvira Bühlmann und ihre beiden Buben, Matti (8) und Giosch (10), im ersten Stock an der Schifflaube.

Die beiden haben sich in ihr Zimmer verkrochen und bleiben mucksmäuschenstill

«Wo sind denn die Jungs?», frage ich Elvira. Irgendwo hören wir plötzlich ein Kichern. Aber in der langgezogenen Wohnung ist es nicht einfach, die Kids zu finden. Also gehen Nicole mit der Kamera und ich mit dem Notizbuch auf die Suche nach den beiden und entdecken sie schliesslich eingehüllt in einem Fixleintuch in ihrem Zimmer. Laut lachend kommen sie hervor und begrüssen uns, kommen mit uns in die Küche. Es riecht nach feinem Apfelkuchen und ein Buch von Astrid Lindgren liegt auf dem Tisch. Schnell weiss Nicole was sie für ein Bild machen will. Elvira liest den Buben aus dem Buch vor und beide hängen ihr an den Lippen. «Das mache ich meist, wenn die Kinder hier sind, das ist wie ein Ritual für uns», erklärt sie.

Nicole verabschiedet sich nach den Aufnahmen und so bekomme ich ein grosses Stück vom Apfelkuchen, bevor wir mit dem Interview beginnen.

Ich frage die Jungs, was sie für Spielplätze in der Matte besuchen: «Wir gehen gerne auf den Sportplatz und spielen Fussball und auch der Mattebach ist cool», sagt Giosch.

«Der Fussballplatz», sagt Matti kurz und bündig

«Mein Lieblingsplatz ist beim Wöschhüsi, beim Brunnen», sagt Giosch. «Weisst du, dort können sie auch im Brunnen baden», ergänzt Elvira.

«Im Mattebach spielen wir gerne. Wir stauen den Mattebach, machen aus Steinen eine Bahn und dann lassen wir Blätter durch schwimmen.»

Begeistert erzählen sie mir, wie gerne sie mit den vielen andern Kindern in der Matte spielen, auf welchen Plätzen auch immer.

Giosch war in einem Fussballclub, hat dann aber aufgehört, als es zu stressig wurde. «Auf dem Schulhausplatz spielen wir immer noch Fussball.» «Weisst du, er hatte zweimal in der Woche Training und dann wurde es jeweils spät am Abend. Am nächsten Morgen musste er jedes Mal früh in die Schule, das war einfach zu viel», erklärt mir Elvira

«Geht ihr auch auf den Längmuurspielplatz?», will ich wissen

«Ja zu Geburtstagen und Festlis. Und manchmal gehen wir auch spionieren», sagt Matti grinsend. «Spionieren?» frage ich verwundert.
«Wir verstecken uns und beobachten Leute, die vorbeispazieren und erfinden Geschichten darüber. Wenn zum Beispiel jemand schwarz angezogen ist und ein böses Gesicht macht, dann stelle ich mir vor, dass er irgendwo eine Pistole in der Tasche hat und einen Laden ausrauben will.» Matti hat wirklich eine blühende Fantasie, ist sehr kreativ und weiss immer etwas Originelles zu erzählen. Giosch geht gerne zur Schule, vor allem,weil er Sport liebt.

Wenn Sport auf dem Programm steht, dann ist er morgens jeweils sehr früh wach. Deutsch mag er ebenfalls, auch Geschichten schreiben mag er. Matti geht lieber ins Werken. Er liebt es, mit Holz zu arbeiten.
Eine weitere Frage an die beiden: «Wo würdet ihr gerne leben, wenn nicht in der Matte?»
«Darf es auch im Ausland sein?», fragt mich Matti. «Ich würde nach Frutigen gehen», berichtet Giosch.» «Wieso Frutigen?» «In Frutigen hat es einen Campingplatz und einen Fussballplatz, dort gefällt es mir sehr gut.» «Und wenn wir drei Tage auf dem Campingplatz sind, möchte Giosch schon wieder nach Hause in die Matte», fügt Elvira schmunzelnd an. «Ich würde nach Australien reisen wegen dem Surfen.» Matti schaut mich mit seinen grossen Augen an. «Dort hat es aber kein Schnee und kein Gletscher», erwähnt Elvira so nebenbei.» «Dafür Kängurus.»
«Uns allen gefällt es sehr gut hier in der Matte, die Wohnung ist cool, auch weil wir einen grossen Garten haben, und eine Badewanne», meint Matti spontan. «Ich habe Hunger», sagt Matti unvermittelt. Ich habe wohl den Jungs zuviel Apfelkuchen weggegessen! Sicherheitshalber kocht Elvira einen grossen Teller Nudeln, der von Matti einfach so weg geputzt wird! 

Die beiden Jungs pendeln zwischen Elvira an der Schifflaube und ihrem Vater Andi, der an der Gerberngasse lebt. Die Eltern haben sich damit sehr gut arrangiert. Für die Jungs ist es noch ein Eingewöhnen in der neuen Wohnung an der Schifflaube. «Ab und zu machen wir aber auch etwas gemeinsam, wir essen zusammen oder machen einen Ausflug. Es ist für die Kinder und auch für Elvira nicht immer einfach, dass sie dann wieder Tschüss sagen müssen. Aber sie mögen es, dass sie hier so nahe beim Schulhaus wohnen, und sie finden es ebenfalls an der Gerberngasse cool.» Nun habe ich die Jungs genug strapaziert. Sie sind müde geworden und verziehen sich bald einmal in ihre Zimmer.

So bleibt uns Frauen noch etwas gemeinsame Zeit. Elvira war – neben ihrem Beruf - sieben Jahre aktiv im Matteleist tätig. Nun tritt sie zugunsten der Kinder etwas kürzer. «Ich finde fast keine Zeit mehr, um die Sitzungen zu besuchen.» Elvira ist nach wie vor mit dem Matteleist verbunden. Zudem nimmt das buddhistische Zentrum einen wichtigen Platz in ihrem Leben ein. Bis 2020 lebte sie dort, bis sie auszog, auch weil die Kinder mehr Platz brauchten.

Elvira ist in der Prävention und Gesundheitsförderung tätig. Sie arbeitet mit Eltern, der Lehrerschaft, den Schulleitern und der Schulsozialarbeit zusammen. «Mir gefällt diese vielseitige Arbeit und ich empfinde sie immer wieder als sehr sinnvoll», ergänzt sie lächelnd. «Und ich bin froh, dass Andi und ich uns die Kinderbetreuung teilen, einer spannenden Arbeit nachgehen und gleichwohl viel Zeit mit den Kindern haben.»

Elvira ist eine vielbeschäftigte Frau. Als ich sie frage: «Was machst du, wenn du endlich Zeit für dich hast?» «Wäsche waschen, aufräumen, putzen …». Ich schaue sie erstaunt an, dann lachen wir beide. «Im Ernst, für mich selbst: Meditieren, ab und zu auf der Pläfe käfelen und wenn ich noch Zeit finde: Besuche ich buddhistische Kurse und fahre ab und zu zum Freeride-Biken in die Wälder. Und ich habe noch einige Aufgaben innerhalb des Zentrums.»

Zum Schluss vertraut mir Elvira an: «Ich will noch erwähnen, dass (auf dem Bild: v.l.n.r.) Alex, Giosch, Matti, und Kinga als ‘Dschungu-Gäng’ in diesem Jahr in ihrer Kategorie beim Seifenkistenrennen gewonnen haben. Gemeinsam mit Pädu, meinem Partner und Vater von Kinga, haben sie ihre Seifenkiste zusammen gebastelt, gewerkelt, geschweisst und alles was es eben braucht. Das war für die Kinder und uns alle eine tolle Erfahrung. Sie haben vieles selber gemacht und darauf sind sie sehr stolz. Pädu mit seinem handwerklichen Geschick hat ihnen viel helfen können. Ich bin stolz, dass sie dass sie das alles geschafft haben – und dankbar gegenüber dem Längmuur-Team, die so coole Sachen organisieren.»

Dschungu Gäng Rennteam

Aus den hinteren Räumen höre ich lautes Kinderlachen. Die Müdigkeit der Jungs scheint wie verflogen zu sein – sie sind am Fussball spielen und in ihre eigene
Welt eingetaucht. Auch wir beenden unser Gespräch und kehren in den Alltag zurück.

Vielen herzlichen Dank Elvira, Giosch und Matti für eure Zeit und für den leckeren Apfelkuchen. Bis bald beim Käfelen aufder Pläfe oder wo auch immer.

Text:Rosmarie Bernasconi